Das Ende einer Tanz-Ära
Normalerweise sind meine Blogbeiträge auf Englisch geschrieben. Bei diesem persönlichen Thema habe ich mich aber wieder einmal entschieden Deutsch zu verwenden.
In den letzten Wochen habt ihr nicht so viel von mir gehört. Tatsächlich ist in meinem persönlichen Umfeld einiges passiert, das ich bewältigen und verarbeiten musste. Die Schliessung der Tanzschule Dance to Dance in Basel ist das erste Opfer der Corona Krise in meinem direkten persönlichen Umfeld. 😥 Diese Tanzschule war ein fester Bestandteil meines Lebens seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten. Dementsprechend persönlich ist dieser Beitrag – es ist der Versuch diesen plötzlichen Schnitt zu verarbeiten. Diejenigen von euch, die Dance to Dance nie gekannt haben, werden sich vielleicht nicht in alles in diesem Artikel hineinversetzen können. Aber ihr lernt einen wichtigen Bestandteil meines Lebens kennen. Allen anderen mag es eine Hilfe sein, ein letzter Blick zurück.
Erzählt mir doch in den Kommentaren wenn ihr selbst in der Tanzszene unterwegs seid, oder wenn ihr soger selbst Erinnerungen an Dance to Dance habt!
Der Anfang – oder wie wir zu Dance to Dance gefunden haben
Vor mehr als 16 Jahren habe ich mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau an einem Paartanzkurs in der neu eröffneten Tanzschule “Dance to Dance” in der Basler Innenstadt teilgenommen. Für diejenigen die sich wundern was man da so lernt: Das sind vor allem Standard und Latein Tänze wie z.B. Walzer, Quickstep, Rumba, ChaChaCha etc.
Was anfangs noch etwas ein “Murks” war, hat sich nach und nach zu einer festen Freizeitbeschäftigung entwickelt. Uns hat sowohl das Tanzen selbst wie auch das Team der Schule sehr gefallen – es war kompetent und die Atmosphäre sehr familiär. Nach einem Jahr hatten wir alle Anfängerkurse absolviert und tanzten von da an in einem fortgeschrittenen Kurs – einem Zirkel. Dazu kamen gelegentliche Workshops und Technikkurse, und natürlich auch etliche Tanzparties 🎉. Soweit, so gewöhnlich.
In den Kaninchenbau – oder wie Dance to Dance immer wichtiger wurde
In diesem Umfeld hat sich nun folgendes ereignet:
Der Erste Streich
Felix, der Chef der Tanzschule, hat Leute für ein “Team-Match” Turnier gesucht. Dabei trat man nicht allein, sondern in einem Team von 3 Paaren an. Der Deal war, dass er einer grösseren Gruppe von Paaren Privatunterricht inklusive Technik anbot, um dann drei Paare für das Turnierteam von Dance to Dance auszusuchen. Meine Frau meint er hat uns gekonnt angelockt – sie hatte nämlich nicht damit gerechnet, dass wir es ins Team schaffen. Aber Intensivstunden beim Meister waren natürlich schon sehr begehrt und das wollten wir uns nicht entgehen lassen.
Natürlich kam es wie es kommen musste und wir rutschten als drittes Paar in das Team. Total verängstigt und gleichzeitig übermotiviert haben wir angefangen intensiv zu trainieren. Über ein Jahr hinweg haben wir an verschiedenen Team-Turnieren in diversen Tanzschulen teilgenommen, viele neue Freunde gefunden und unser Tanzen kontinuierlich verbessert.
Und der Zweite folgt sogleich
Gegen Ende von diesem Turnierjahr folgte der zweite Coup:
Felix und seine Frau Rebecca traten an uns heran und fragten uns, ob wir nicht anfangen wollten bei ihnen zu unterrichten. Geschmeichelt, etwas überrascht und total überfordert haben wir uns etwas Zeit ausbedungen. Bis dahin hatten wir in unserem Leben noch nie unterrichtet – wir wussten weder ob wir dazu fähig wären, noch ob wir Freude daran haben würden. Schliesslich ist unterrichten nicht gleich tanzen… Unter diesen Umständen eine Ausbildung zu beginnen schien uns nicht der richtige Weg.
Aber auch da kamen uns Felix und Rebecca entgegen. Sie meinten “Für unsere Anfänger ist euer Können längstens gut genug. Da dürft ihr euch mal ausprobieren und sehen, ob es für euch passt.”
Ausbildung und Unterrichtsjahre
Und so haben wir zugesagt und angefangen Gesellschaftstänze im Dance to Dance in Basel zu unterrichten – zusätzlich zu unserer regulären Arbeit.
Vorher mussten wir aber die Tanzschritte des jeweils anderen Geschlechts lernen. Wir haben die ganzen Kurse bei Rebecca in umgekehrter Rolle noch einmal gemacht und dabei neben dem Stoffprogramm auch noch viele Übungen, Tipps und Tricks erhalten. Das perfekte Starterpaket!
Uns war dann recht bald klar, dass uns das Unterrichten und Weitergeben unserer Fähigkeiten gefällt. Und so haben wir parallel zum Unterricht zuerst die Ausbildung zum Tanzlehrer Swissdance angefangen. Nach den Teilprüfungen in Standard und Latein haben wir dann beim Internationalen Tanzlehrerverband IDTA die Ausbildung zum Ballroom Licenciate mit Auszeichnung absolviert und zum Schluss in der Swissdance Ausbildung auf den Standardlehrer mit eidgenössischem Fähigkeitsausweis umgeschwenkt.
Ohne Felix wären all diese Ausbildungen nicht möglich gewesen – er hat unglaublich viel Zeit, Energie und Geduld in uns investiert. Und so konnten wir uns mehr als nur eine solide Grundlage als Tanzlehrer erarbeiten.
In all den Unterrichtsjahren haben wir mit der Zeit auch fortgeschrittenere Kurse übernommen, haben Testkurse durchgeführt und Privatlektionen gegeben.
Gerade die fortlaufenden Kurse, Testkurse und Privatlektionen haben es mir angetan. Über die Jahre habe ich viele freundliche, aufgestellte und motivierte Tänzerinnen und Tänzer aus allen Gesellschaftsschichten kennengelernt. Ihre Freude und ihr Fortschritt hat mich immer wieder motiviert weiter zu unterrichten.
Das Finale – Oder das unwürdige Ende
Natürlich war nicht immer alles “Friede Freude Eierkuchen”. Nebenberuflich zu unterrichten und gleichzeitig eine Ausbildung zu absolvieren war nicht immer einfach. Es gab Änderungen im Team, die Atmosphäre in der Tanzschule hat sich gewandelt und unsere Tanzschüler und Tanzschülerinnen auch.
Während meinen mehr als 10 Jahren Unterricht habe ich gesehen wie das Interesse an Paartanz kontinuierlich abgenommen aht. Waren die Kurse anfangs sofort proppenvoll, hatten wir später Mühe sie überhaupt durchzuführen. Wohlweisslich haben Felix und Rebecca angefangen die Solotanzsparte auszubauen, um den Rückgang im Paartanz abzufedern.
Als dann Anfang 2020 die Corona Pandemie über die Welt zog war uns allen klar: Das wird eng! Ich hatte schon befürchtet die Tanzschule würde den Lockdown im Frühjahr nicht überstehen. Schliesslich ist der Frühling üblicherweise eine gute Tanzzeit, während die Leute im Sommer lieber an ihrem Grill sitzen (obwohl, das eine schliesst das andere ja eigentlich nicht aus 🙄).
Aber siehe da, es gab trotzdem einen Weg und so konnten wir die Tanzschule unter einem strengen Schutzkonzept wieder öffnen.
Einfacher geworden war es damit natürlich nicht. Verständlicherweise blieben viele Leute den Kursen fern, neue Kurse durchzuführen war kaum möglich. Mit der zweiten Welle hat es dann nicht mehr gereicht. Das Paartanzen wurde weiter eingeschränkt und Felix und Rebecca mussten die Reissleine ziehen. Zwar nicht ganz überraschend, aber trotzdem fassungslos haben wir alle die Nachricht von der Schliessung der Tanzschule per Ende 2020 erfahren.
Die angeordnete Schliessung aller Tanzlokale in Basel-Stadt per 23. November hat dann einen noch schnelleren Schlussstrick gezogen (nein, das ist kein Tippfehler). Knall auf Fall musste die Tanzschule am 22. November 2020 seine Türen schliessen. Ich selbst konnte am 21. November noch die letzten Privatlektionen für meine treusten Schüler unterrichten.
Die Situation ist wie sie ist, aber einer langjährigen Geschichte des Dance to Dance nicht würdig. Weder konnten wir uns richtig von unseren Schülern oder auch untereinander verabschieden, keinen guten Abschluss finden. Das werden wir hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft nachholen können.
Ein Ende ist auch immer ein neuer Anfang
Und so blieb mir nichts anderes übrig als meine letzte Runde durchs Dance to Dance zu drehen und mich von meiner langjährigen Tanzstätte zu verabschieden.
Wie wird es weiter gehen? Ich weiss es nicht – noch nicht. Vorerst können wir erst einmal gar nichts machen, da wir quasi mit einem Berufsverbot belegt wurden. Im Frühjahr werden wir sehen wie die “Tanzlandschaft” aussieht. Was für Schulen gibt es dann noch? Wie ist das Umfeld? Was lässt sich machen?
Viele Szenarien gehen mir durch den Kopf – angefangen bei etwas Eigenem aufzubauen bis hin zu etwas total Anderes machen. Wir werden sehen.
Auf jeden Fall möchte ich mich ganz herzlich bei allen Bedanken die mit mir einen Teil dieses Weges gegangen sind: ❤ Vielen Dank an all meine Ausbilder – allen voran Felix und Rebecca! ❤ Danke an all meine Tanzlehrerkollegen und -kolleginnen, insbesondere an meine Frau. ❤ Und vor allem vielen herzlichen Dank an meine langjährigen Tanzschüler und Tanzschülerinnen in meinen Zirkeln und Privatstunden. Es war eine super tolle Zeit! Ich kann mich mehr als glücklich schätzen euch als meine Schüler gehabt zu haben. Irgenwann geht diese Zeit auch vorbei, schaut zu dass ihr weiter tanzt, egal unter welchen Umständen das genau sein wird. ❤
Wie findest du diesen Beitrag?
Vielen Dank dass du dir diesen Beitrag bis zum Ende durchgelesen hast! 🙏 Wenn du selbst Erinnerungen ans Dance to Dance hast, selbst in der Tanzszene aktiv bist oder mir sonst eine Nachricht zukommen lassen möchtest, kannst du dies unten in den Kommentaren tun. Oder kontaktiere mich direkt. Hier findest du weitere Informationen zu meiner Person.
Lieber Theodor, es ist schön und traurig zugleich deinen Beitrag zu lesen. Das letzte Foto geht mir besonders nah, da es genau das ausdrückt, was ich fühle und ich habe gerade einen grossen Kloss im Hals… Wie auch du, muss ich das Geschehene verarbeiten und die Trauer überwinden. Und gleichzeitig möchte ich mich an das Schöne erinnern, an unseren gemeinsamen Weg im Dance to Dance und an die vielen Menschen, die uns all die Jahre begleitet haben. Durch deinen Beitrag lebt ein Stückchen vom Dance to Dance weiter und trägt unsere Erinnerungen hinaus in die Welt.
Alles Liebe, Nadia
Vielen lieben Dank Nadia, der Beitrag hat mir selbst für die Verarbeitung geholfen. Nun ist etwas Zeit vergangen und ich finde auch, dass wir uns vor allem an all die schönen Erlebnisse durch die Jahre erinnern sollten. Denn es war einen schöne Zeit 🙂
Lieber Theodor
Danke für Dein Teilen der Gedanken und Gefühle beim Abschied von der Tanzschule “Dance to Dance”. Ja so viele Jahre verbinden Dich/ Euch und Euer Leben damit.
Ob es weitergeht mit Tanzen? Das steht wohl erst in den Sternen geschrieben. – Ich kann dieses Gefühl des ” Werd ich noch weiter unterrichten oder nicht”, sehr gut nachempfinden. Wie oft hab ich mir selber diese Frage schon gestellt: Für meine Kurse und einen offiziellen Tanztag in einem Bildungshaus, der für nächstes Jahr geplant ist. –
Herzliche Grüsse
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Du hast recht, das war ein grosser Teil unseres Lebens. Wie genau es weitergehen wird weiss ich tatsächlich noch nicht – aber es ist eine Gute Zeit sich selbst klar zu machen was man eigentlich will.
Im Moment ist noch so viel untersagt und in Bewegung, dass eine Entscheidung jetzt noch nicht sinnvoll erscheint. Aber wenn ich weiss was ich will, werde ich einfacher eine Entscheidung treffen können wenn es soweit ist 🙂
Ich hoffe es gibt auch für dich und deine Kurse bald mehr Klarheit. Liebe Grüsse!